Thema: Umwelt
Wir können ja so froh sein, an unserer Jamaika-Koalition. Insbesondere daran, dass die Grünen darin einen so gewichtigen Anteil haben.
Wer Jahr für Jahr die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden der Grünen M.Erbacher mitliest, kann die umweltpolitischen Fortschritte, die in Frechen in den vergangenen Jahren gemacht wurden deutlich nachvollziehen.

2016:
„Der neue Verkehrsentwicklungsplan wird einen Paradigmenwechsel darstellen! Endlich einmal werden die Bedürfnisse der Radfahrer und Fußgänger in den Blick genommen. Langsam, aber spürbar findet ein Umdenken statt, weg von der autogerechten Stadt hin zu einer Stadt, die den Stadtraum wieder stärker den Menschen zur Verfügung stellt.“
2017
“ Das vergangene Jahr stand für uns vor allem im Zeichen einer neuen Verkehrspolitik: Wir haben mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen auf einen Verkehrsentwicklungsplan hingearbeitet, bei dem zum ersten Mal nicht der Autoverkehr, sondern Maßnahmen für den Fuß- und Radverkehr im Vordergrund stehen. Dieser ist nun beschlossen und soll in den kommenden Jahren nach einer Prioritätenliste abgearbeitet werden.
2018
“-die gemeinsame Erarbeitung eines umfangreichen Verkehrsentwicklungsplans mit Vorrang für den Fuß-und Radverkehr, die Ansiedlung eines Car-Sharing-Unternehmens, E-Ladestationen in Zusammenarbeit mit innogy SE für Fahrräder und PKWs“
Also fassen wir zusammen: wir erleben seit 3 Jahren einen Paradigmenwechsel, denn für Fußgänger/-innen und Fahrradfahrer/-innen wurde ein „umfangreicher Verkehrsentwicklungsplan“ erarbeitet, der in den „kommenden Jahren … abgearbeitet werden soll.“

Konkret geschehen für Fußgänger/-innen und Fahrradfahrer/-innen ist bisher ….. NICHTS.

Eigentlich sollten Maßnahmen für den Fuß- und Radverkehr im Vordergrund stehen, aber umgesetzt wurden Maßnahmen für’s Auto. Car-Sharing und E-Ladestationen wurden in Frechen etabliert.

Neue Fahrradwege? Reparatur von Fahrrad- oder Fußwegen? Beseitigung von öffentlichem Parkflächen zugunsten des Rad- oder Fußverkehrs? Ladestationen für Fahrräder? Überdachte Radabstellplätze in der Innenstadt, um deren Attraktivität auch für Nicht-Autofahrer/-innen zu steigern?

Nein, nein und nochmals nein.

Das ist dann auch der Unterschied zwischen Köln und Frechen. In Köln gibt es Beschlüsse des Stadtrates über eine fahrradfreundliche Umgestaltung der Ringe oder die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht. Und es geschieht nichts, weswegen die Kölner Verwaltung in der Kritik steht. In Frechen gibt es nicht einmal Beschlüsse, die missachtet werden müssen.

So funktioniert Paradigmenwechsel in Frechen.

Ich fühle mich an ein kürzlich gelesenes Zitat erinnert. In einem Interview in Spiegel Online erklärte Andreas Knie (Professor für Soziologie an der TU Berlin und Leiter der Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und Leiter des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel), dass er derzeit oft von Kommunalpolitikern angerufen werde, die ihm die Frage stellten, wie sie denn nun auf die drohenden Dieselfahrverbote reagieren könnten. Er frage dann zurück: "Wollen Sie wirklich etwas ändern oder wollen Sie nur eine Änderung inszenieren?"

Genau das beschreibt die Situation hier vor Ort. Die Stadtverwaltung erklärt ein ums andere Mal, dass sich das Mobilitätsverhalten wandeln müsse, dass Umweltbelastung, Klimawandel und drohender Verkehrskollaps auch in Frechen angekommen seien und die Stadt hier umsteuern müsse.

Wenn man dann aber schaut, wie konkret es denn werden soll, dann kann man nur sagen: Stillstand in allen Bereichen.

Die SPD stellt nun endlich eine Frage, die schon seit Jahren wieder öffentlich behandelt gehörte:
“ Was kann oder sollte die Stadt Frechen tun, um die Attraktivität der Stadtbahnlinie 7 auf ihrem Stadtgebiet zu verbessern und für die Zukunft zu ertüchtigen?“
Dabei geht es sowohl um die Verbesserung der Bahnfrequenz als auch um eine Verlängerung der Linie 7:
Von allen Kölner Stadtbahnlinien ist die Linie 7, im Vergleich mit allen anderen Linien die über die Stadtgrenze von Köln hinausführen, insbesondere für Berufspendler immer noch die unattraktivste. Jede zweite Bahn endet morgens und nachmittags in den Stoßzeiten des Berufsverkehrs in Haus Forst und die Fahrgäste werden gebeten auszusteigen und auf die nächste Bahn zu warten, die dann bis Frechen fährt.
(Ein kleine eingeschobene Reflexion zum Thema Gleichstellung: woran erkennt man, dass Frauen bei der Fahrplangestaltung diskriminiert werden? Nicht willentlich, Gott bewahre, hier wird nur nicht nachgedacht, oder vielleicht doch? … daran, dass Fahrpläne für Vollzeiterwerbstätige gestaltet werden. Ein dichter Takt morgens und abends, wenn die Vollzeiterwerbstätigen die Bahnen benötigen, ein niedriger Takt, wenn die Teilzeiterwerbstätigen diese benötigen würden. Und wer ist mehrheitlich in Teilzeit beschäftigt … ach ja, das sind ja die Frauen. Man nennt so etwas strukturelle Diskriminierung.)

Die Pläne für eine Verlängerung der Line 7 bis Grube Carl existieren bereits und wurden 2008 vom damaligen Bürgermeister auf Eis gelegt. Aber die Zeiten haben sich geändert und deshalb wird es immer wichtiger werden, dass die Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen können und der Stadtteil besser angebunden ist.
Wobei die SPD hier wohl zu kurz springt. Eine Verlängerung der Linie 7 bis Grefrath/Habbelrath muss mit bedacht und geplant werden. Wer ernsthaft Verkehr von der Straße weg bekommen will, der muss in Frechen auch die Außenbezirke mit einbinden.
Davon ab, was kann der Frechener Innenstadt Besseres passieren, wenn die Straßenbahn die beiden Stadtteile direkt anfährt? Wovon profitiert wohl die Frechener Fußgängerzone und der dort angesiedelte Einzelhandel mehr? Von einigen kostenlosen Parkplätzen oder einer Straßenbahn, mit der die lokalen Kunden schnell, einfach und bequem zum Einkaufen fahren können?

So richtig der Ansatz der SPD also ist, endlich den öffentlichen Nahverkehr in Frechen zu stärken und die Linie 7 auszubauen, so sehr steht zu befürchten, dass Politik und Stadtverwaltung weitere Papiere beschreiben und Gutachten erstellen lassen, ohne dass daraus wirklich etwas wird.

Aber, im kommenden Herbst wird der Haushalt 2019 verabschiedet und spätestens dann wird Frau Erbacher die neuesten Erfolge der lokalen Verkehrswende verkünden. Ein Plan mehr, ein weiteres Gutachten und sicherlich ein toller Beschluss, der niemanden zu nichts verpflichtet.

Ein Hoch auf die Frechener Variante eines Paradigmenwechsels, der sich einzig als umweltpolitischen Stillstand entpuppt.