Thema: Grüne
Haushaltsreden sind ja nicht immer Reden über den städtischen Haushalt, für manche Parteien dienen sie auch der Rechtfertigung und Selbstvergewisserung.

Die Haushaltsrede von M.Erbacher, grüne Fraktionsvorsitzende und Mitglied in der Jamaika-Koalition ist hierfür ein Paradestück.
Frau Erbacher widmet sich nicht nur dem aktuellen Haushalt sondern auch der Vergangenheitsbewältigung. Sie ließ noch einmal das Scheitern der Gesamtschule Revue passieren.
Aber: Es zeigte sich, dass die Eltern der Gesamtschule plötzlich doch skeptisch gegenüber standen. Dabei waren die Informationsabende zur Gesamtschule von großzügig eingeräumten Darstellungen der bestehenden Frechener Schulen geprägt. Viel Raum und viel Redezeit wurde den bestehenden Schulen eingeräumt, Ängste der Eltern geschürt, dass durch die Räumlichkeit Hautschule die Kinder von dem nicht so guten öffentlichen Ruf der Schulform negativ beeinflusst würden.
Diese Sichtweise ist nicht falsch, aber Schulausschuss und Rat haben mit den Stimmen der Grünen für diese Form der Öffentlichkeitsarbeit gestimmt und in der entscheidenden Phase, also als die Eltern ihre Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Schule / Schulform getroffen haben, waren die Grünen bereits Teil des Jamaikabündnisses. Hätte die Grünen, nun, da sie Bürgermeisterin und Verwaltung stützen hier nicht eingreifen können? Festzuhalten bleibt: die Verwaltung machten den Udo Lindenberg: „ich mach mein Ding“ und die Grünen schauten zu.
Doch hier ist die Chance vertan worden, die guten Angebote der Hauptschule, den Umgang mit Migranten, Unterrichtsangebote für Schwächere, Hinführung zur Berufswelt sowie Kontakte mit Frechener Firmen in das Konzept für eine neu zu errichtende Gesamtschule einfliessen zu lassen.
Hier kann man nur sagen: Nichts kapiert liebe Grünen, denn die Ängste der Eltern wurden vielleicht geschürt, hatten aber einen ganz realen Hintergrund.
Der Rat der Stadt hat mit den Stimmen der Grünen eine 4-zügige Gesamtschule beschlossen. 4 Züge aber waren eindeutig zu wenig um all Aufgaben zu schultern, die man der Gesamtschule zugewiesen hatte. 4 Klassen bedeutet 106 Kinder. Beim derzeitigen Stand hätte das bedeutet, dass rund die Hälfte der Kinder eine Schulempfehlung unterhalb einer Realschulempfehlung gehabt hätten. Kinder, auf deren besondere Förderbedürftigkeit die Rektorin der Hauptschule nicht müde wurde, hinzuweisen.

Wer plant, eine Hauptschule aufzulösen muss eine ausreichend große Schule planen, um alle Kinder angemessen zu versorgen, die Klugen wie auch die weniger Klugen, die Kinder mit familiären oder sozialen Probleme ebenso wie die, die einfach lernen wollen und die weniger Probleme mit in die Schule bringen.

Eine vierzügige Gesamtschule war einfach zu klein für Frechen.
Das haben die Eltern wohl klar erkannt und haben ihre Kinder an anderen Schulen angemeldet.

Das Aktionsbündnis für eine Gesamtschule in Frechen hat auf diesen Zusammenhang frühzeitig hingewiesen. Die Grünen waren damals noch Teil des Bündnisses. Doch kaum war man Teil der Bürgermeisterinnenmehrheit, da hat man dieses Wissen über Bord geworfen.
“Ein Gebäude stand daher auch schon zur Verfügung.“
und dieses Gebäude, das Hauptschulgebäude, bot nicht mehr Platz als für eine vierzügige Schule. Aber es war eine billige Lösung.
Anscheinend zu billig und zu durchschaubar. Das Ergebnis war daher eindeutig. Die Eltern haben dieser Gesamtschule einen Korb gegeben.

Die Grünen haben an diesem Scheitern einen gewichtigen Anteil. Das aber wollte Frau Erbacher nicht reflektieren.
Viel lieber verdrückt sie einige Krokodilstränen und erklärt sich und ihrer Wählerschaft, dass die Grünen weiterhin für eine Gesamtschule kämpfen werden.
Aus bildungs- und gesellschaftspolitischer Sicht finden wir das höchst bedauerlich. Keine Schulform ist so geeignet, die Offenheit der Gesellschaft zu fördern. Wir geben nicht auf, die Bildungslandschaft in Frechen in den nächsten Jahren diesbezüglich zu verbessern.
Das Bekenntnis ist vermutlich so viel wert, wie das alte grüne Ziel, auf der Linie 7 den 10-minuten-Takt einzuführen. Davon hat sich Frau Erbacher in ihrer Haushaltsrede nämlich auch verabschiedet.
Für den Ausbau des ÖPNV haben wir in diesem Jahr dagegen kein zusätzliches Geld eingestellt, weil wir einen Schwerpunkt beim Radverkehr setzen wollen. Investitionen in den Radverkehr sind im Verhältnis zum Nahverkehr wesentlich effizienter und umweltpolitisch wirksamer.
So kann man sich eine Kehrtwende auch schönreden. Woher Frau Erbacher die Gewissheit nimmt, dass in einer Pendlerstadt wie Frechen Investitionen in das lokale Radwegenetzt effizienter und umweltpolitisch wirksamer sind als Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, der die Vorstadt mit dem Zentralort verbindet, das sollte mal belegt werden.

So aber funktioniert die grüne Selbstvergewisserung, man ersetzt etwas umweltpolitisch Vernünftiges durch eine „noch vernünftigere“ Lösung, und das Ganze auch noch für weniger Geld.

Da bleibt doch nur der Rückgriff auf einen alten Sinnspruch: „wer’s glaubt wird selig und wer's nicht glaubt, der kommt auch in den Himmel.“