Freitag, 19. Mai 2017
Nun gibt es auch eine knappe Wahlanalyse der Bertelsmann-Stiftung mit einigen insbesondere für die SPD wichtigen Erkenntnissen:

1. Die Wahlbeteiligung ist gestiegen, das ist schön. Aber sie ist nicht gleichmäßig gestiegen.
Je wirtschaftlich schwächer und sozial prekärer die Milieustruktur in einem Stimmbezirk ist, desto geringer ist die Wahlbeteiligung, und desto geringer fiel auch der Anstieg der Wahlbeteiligung aus.
Zugelegt hat die Wahlbeteiligung überdurchschnittlich im „wirtschaftlich stärkeren Milieu der Mittel- und Oberschicht.“
Für Frechen bedeutet das: in den innerstädtischen Wahlkreisen lag die Wahlbeteiligung schon bei den vergangenen Jahren unter derjenigen von bspw. Königsdorf. In Königsdorf ist die Wahlbeteiligung nun aber auch noch stärker gestiegen als in der Innenstadt.
In den wirtschaftlich starken Wählerhochburgen ist die Wahlbeteiligung von rund 73 auf 79 Prozent um überdurchschnittliche 6 Prozentpunkte gestiegen. In den Nichtwählerhochburgen, wo überwiegend wirtschaftlich schwächere Haushalte leben, stieg die Wahlbeteiligung dagegen nur unterdurchschnittlich um weniger als 5 Prozentpunkte.
2. Auch bei der Mobilisierung der Nichtwähler waren FDP und CDU erfolgreicher als die SPD, gut 64% der Nichtwähler stimmten für CDU und FDP, für die SPD nur 21%.

3. Entscheidend für die SPD aber war, dass es ihr nicht gelungen ist, ihr Stammwählermilieu zu aktivieren. Die SPD hat, so auch in Frechen, dort ihre besten Ergebnisse erzielt, wo die Wahlbeteiligung am geringsten war. D.h.: diese Stimmbezirke hatten schon 2012 eine schlechtere Wahlbeteiligung als bspw. das wirtschaftlich wohlhabendere Königsdorf, der Anstieg der Wahlbeteiligung 2017 fiel schwächer aus als in Königsdorf und in eben den Stimmbezirken mit der schlechtesten Wahlbeteiligung erzielte die SPD ihre besten Ergebnisse. Diese für die SPD negative Entwicklung war hier auf dem Blog schon im Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl diskutiert worden. Eine Verbesserung der Verhältnisse hat nicht stattgefunden, vielmehr ist die soziale Spaltung bei der Wahlbeteiligung noch etwas deutlicher geworden.

4. Und ergänzend zur Diskussion über die Bedeutung der AfD-Wähler für das Erststimmenergebnis in Frechen die Aussage der Bertelsmann-Studie: die AfD hat insbesondere von den ehemaligen Protestwählern der Piraten profitiert.

Das könnte erklären, warum die Piraten bei den Zweitstimmen in Frechen gerade mal 0,94% erhalten haben, bei den Erststimmen aber erhielt der Direktkandidat der Piraten 2,4%.

Und daran anschließend noch ein lustiges Rechenspiel:
mal angenommen, die 1.843 AfD-Wähler in Frechen sind im Kern rechtsradikal oder Protestwähler, so könnte eine Wählerwanderungsbilanz zwischen Zweit- und Erststimme wie folgt aussehen:
300 AfD-Wähler wandern ins Lager der Nichtwähler (die Rechtsradikalen)
500 AfD-Wähler wählen den Direktkandidaten der Piraten (Protestwähler)
160 AfD-Wähler wählen den Direktkandidaten der Linken (Protestwähler)
180 AfD-Wähler wählen den Direktkandidaten der SPD (die 10%, die die AfD bei den Zweitstimmen von der SPD abgezogen hat)

Verbleiben noch 700 AfD-Wähler die den Weg zu FDP und CDU gefunden haben können.

Das eklatant schlechte Abschneiden von Brigitte DMoch im 2. Wahlkreis Rhein-Erft gegenüber den Wahlkreisen 1 und 3 lässt sich so aber nicht erklären.