Die Gesamtschule hat es ins Zentrum des langsam anlaufenden Bürgermeisterwahlkampfs geschafft!

Vor nicht allzu langer Zeit wusste das Aktionsbündnis für Gesamtschule von einer überwältigenden Resonanz unter den Eltern der Dritt- und Viertklässler zu berichten. Doch alle Versuche, den erkennbaren Elternwillen in den politischen Prozess einzuspeisen, scheiterten am Beharrungswillen der beiden großen Parteien und der Verwaltung. Hier schien man nach dem Grundsatz zu leben, dass wer nichts tut auch keine Fehler macht.

Doch auch nichts zu tun kann ein Fehler sein. Man hat mehrere Jahre die Augen geschlossen, um die vorhersehbaren Schließung der Anne-Frank-Förderschule nicht wahrnehmen zu müssen, um dann dem Rat und der überraschten Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Schule im kommenden Jahr abgewickelt wird - alternativlos, wie es dann so schön heißt.

Das gleiche Vorgehen war bisher im Umgang mit der dahinsiechenden Hauptschule zu beobachten. Immer weniger Eltern melden ihre Kinder dort an, die Schule schrumpft und es ist absehbar, dass die Hauptschule mangels Kindern den Weg alles Irdischen gehen wird.
Doch Politik und Verwaltung tun so, als wäre dieser Prozess mittels schöner Gedenkreden auf die Qualität der Frechener Hauptschule im Schulausschuss zu ändern.
Wie wenig sich Frechens Eltern davon beeinflussen lassen, zeigt sich jedes Jahr auf’s Neue, wenn die Schulen ihre Neuanmeldungen für das kommende Schuljahr bekannt geben. Im Schuljahr 2014/15 sind weniger als 50 Kinder an der Hauptschule angemeldet worden, ein Negativrekord.

Nun aber ändert sich die politische Tektonik in Frechen in einem Tempo, das für hiesige Verhältnisse einer Revolution gleichkommt. Vor knapp zwei Wochen veröffentlichte das Aktionsbündnis für eine Gesamtschule ein Grundsatzpapier, in dem postuliert wurde, dass die Eröffnung einer 6-zügigen Gesamtschule zum Schuljahr 2016/17 auf dem Gelände und in den Räumlichkeiten der aufzulösenden Hauptschule möglich ist, wenn der Plan mit dem nötigen politischen Nachdruck verfolgt wird.

Zur allgemeinen Überraschung hat sich der Bürgermeisterkandidat der SPD, Ferdi Huck, voll hinter dieses Projekt gestellt und hat daraus den „größten Trumpf“ in seinem anlaufenden Bürgermeisterwahlkampf gemacht.

Selbst die Grünen, zusammen mit der „LINKEN“ größte Befürworter einer Gesamtschule, waren überrumpelt:
Dabei wollen die Grünen vor allem eines – sich von der SPD „nicht überholen lassen“, wie es Ratsmitglied Susanne Neustadt ausdrückte: „Die Gesamtschule war unser zentrales Wahlkampfthema. Wir waren vor der Wahl die einzige Partei, die das immer wieder gefordert habt.“
So beschrieb Frank Klemmer im KStA die grüne Gefühlslage auf der letzten Mitgliederversammlung.

Und für die Grünen stellt sich nun ein grundsätzliches Problem. Da verhandelt man seit nunmehr rund fünf Monaten mit CDU und FDP über eine Jamaika-Koalition. Man fühlte sich auf einem guten Weg. Nur das Thema Gesamtschule stört die ansonsten anscheinend harmonischen Verhandlungsrunden der drei ungleichen Partner.

Nun haben die Grünen auf der letzten Mitgliederversammlung auch noch alle Führungsgremien mit Unterstützern dieser Koalition besetzt, auf dass die Harmonie zukünftig nicht mehr gestört werde. Mit dem Schwenk der SPD wurden die Grünen jetzt aber kurzfristig gezwungen, öffentlich und eindeutig zu bestätigen, dass sie weiterhin zu ihrem Wahlversprechen stehen, schnellstmöglich eine Gesamtschule zu eröffnen.

Was mit CDU und FDP nicht funktionieren will, das geht nun plötzlich mit der SPD.

Für grüne Jamaika-Befürworter eine ärgerliche Situation, denn aus dieser Nummer kommen die Grünen nur noch heraus, wenn CDU und FDP sich blitzartig zur Gesamtschule bekehren lassen. Danach sah es bisher aber nicht aus.

Noch darf gewettet werden:

Scheitert Jamaika an der Gesamtschule?
Fallen CDU und FDP um?
Oder verraten die Grünen Wahlprogramm und Überzeugung für ein bisschen kommunale Macht?