Montag, 25. März 2024
Aber das ist ja auch keine Schande in NRW, denn hier im Lande gilt, wie aus einer Kleinen Anfrage einer Parlamentarierin der SPD vom August 2023 hervorgeht, dass 7 Radschnellwege in der Landesplanung sind. Die Machbarkeitsstudien sind bis zu zehn Jahren alt. Also sozusagen noch in den Kinderschuhen.
(Landtag NRW, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/5442)

Innerhalb dieses sehr knapp bemessenen Zeitraums von 10 Jahre hat das Land NRW es immerhin so weit gebracht, dass bei einem Radschnellweg, dem RS 1 (Ruhrradweg) fünf Abschnitte mit einer Länge von zusammen 19 Kilometern befahrbar sind. 19 Kilometer in 10 Jahren geschafft, eine echte Leistung. Chapeau! Das sind immerhin 2 Kilometern pro Jahr.
Das spricht für einen nachhaltigen politischen Umsetzungswillen.

In unserer Region gilt dafür: Beim Radschnellweg Köln – Frechen wurden null Kilometer umgesetzt. Na ja, da waren halt die vorhandenen Kapazitäten alle beim Ruhrradweg im Einsatz.

Dass diese Umsetzungsgeschwindigkeit ein Ärgernis ist, kann jeder, der mit dem Rad von Frechen nach Köln pendelt, leicht verstehen, den der Zustand des Radweges entlang der Bachemer wird von Winter zu Winter immer schlechter. In Frechen wurde ja im November 2023 vom ADFC zu einer Demonstration aufgerufen, um auf diese Untätigkeit aufmerksam zu machen.
(Zum Artikel)

Und der Erfolg hat sich innerhalb von weniger als drei Monaten eingestellt.
Die Phase der Untätigkeit ist beendet.
„Doch dem Landesbetrieb Straßenbau NRW und dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gefielen die eingereichten Vorentwürfe nicht, derzeit liegt die Sache erst mal auf Eis: Ein Radschnellweg sei angeblich nicht wirtschaftlich.“
Und wenn etwas auf Eis liegt, dann handelt es sich ja nicht mehr um Untätigkeit, dann gibt es substantielle Gründe, warum nichts geschieht. Und das ist sicherlich nicht mit Untätigkeit zu verwechseln.

Jetzt war ja der Prozess in der Region schon ehe langwierig und schwierig: Der Landeswettbewerb startete 2013, es dauerte bis 2017 bis in Köln die Öffentlichkeit an den Planungen beteiligt werden konnte, 2019 stand dann ein Entwurf, der durch die kommunalen Parlamente ging und nur 8 Jahre nach dem Auftakt wurde dem Land 2021 der Planungsentwurf zur Genehmigung übergeben.

Und ausnahmsweise scheint das Problem nicht in Kön zu "wohnen".

Ist nämlich alles irgendwie nicht so einfach. Das Kölner Amt für Straßen und Radwegebau erklärte dazu, dass die beteiligten Landesbehörden Planungsvorgaben und Berechnungsmethoden geändert hätten und dass die Projekte in Folge von Corona und Ukrainekrieg deutlich teurer geworden seien. Dadurch sei der Nutzen-Kosten-Faktor ins Negative gekippt und damit sei der Radschnellweg nicht mehr wirtschaftlich.
Und damit nicht genug: jetzt muss das Landesministerium erst einmal intern klären, wie die „Kriterien für den Nutzen eines Radschnellwegs überhaupt aussehen sollen.“ Soll heißen: bis die neuen Kosten-Nutzen-Vorgaben vorliegen, braucht man eigentlich gar nicht weiter zu planen, denn in Unkenntnis der Vorgaben sind keine validen Planungen möglich.
„Die inhaltlichen und fachlichen Abstimmungen mit dem Ministerium und dem Landesbetrieb sind komplex und langwierig“, lautet das Fazit des Amts für Straßen und Radwegebau.“
Damit sind auch die Planungen für Zwischenlösungen auf der Bachemer Straße im Kölner Stadtgebiet hinfällig. Und es passiert vermutlich auf längere Sicht einfach gar nichts mehr.
(Zum Artikel)

Ach ja: zu den Baukosten unterschiedlicher Straßen noch eine kleine aber aufschlussreiche Grafik:



Autobahnen sollen in NRW beschleunigt gebaut werden. Trotz Corona und Ukrainekrise .... da spielt das alles keine Rolle.

Beerdigen wir also zusammen mit dem Radschnellweg Köln – Frechen auch alle unsere Illusionen. Radfahren ist keine politisch erwünschte Fortbewegungsart.

Und sollte je ein*e politisch Verantwortliche*r Derartiges behaupten, dann lacht ihn oder sie einfach aus.




Mittwoch, 11. Oktober 2023
Thema: Grube Carl
Ja doch, hat doch gerade das gesamte Präsidium der CDU-West seinen kollektiven Rücktritt erklärt.

Und warum?

Weil etwas geschehen ist, was selten vorkommt. Der Ausschuss für Stadtplanung und Strukturwandel hat bezüglich der Grube Carl einen Beschluss gefasst, der alle guten Argumente auf seiner Seite hat.
Die Idee, die im Kommunalwahlkampf 2022 das Licht der Welt erblickte, die Fläche vor der ehemaligen Brikettfabrik umzuwidmen, ist vom Tisch. CDU und Grüne hatten vorgeschlagen, die für den Nahversorger reservierte Fläche in einen „Bürgerpark“ und weitere Parkplätze umzuwandeln.
Die „Perspektive für Frechen“ beantragte die Einschaltung eines Gutachtens, um prüfen zu lassen, ob gleichwertige Alternativstandorte für einen Nahversorger im Stadtteil auffindbar sind.

Dabei hat die Verwaltung einen klaren Fokus aufgrund der Diskussionen um Nahversorger in anderen Stadtteilen:
„die Entwicklung ‚Grube Carl‘ (sollte) nicht ohne gesicherte Nahversorgung erfolgen!“
Dieser Vorgabe ist uneingeschränkt zu folgen.

Das Gutachten lag dem Ausschuss nun in seiner letzten Sitzung vor und war in seinen Ergebnissen eindeutig. Ein Standort an der Hauptzufahrtsstraße (Straße Zur Grube Carl) ist der günstigste, den es im Stadtteil geben kann:
> „Die Besonderheit des ursprünglichen Standortes ist, dass dieser an der Hauptzufahrt zum Stadtteil ‚Zur Grube Carl‘ und somit zu den vorhandenen und zukünftigen Wohnbauflächen liegt und somit unmittelbar PKW-Verkehre ohne zusätzliche Fahrten am Standort ein- und ausfahren bzw. vorbeifahren.“

> Die „negative Wirkungen “eines „Nahversorgungsbetrieb durch seine Emissionen (Anlieferung, Pkw-Kundenverkehre) (…) sind für den Planstandort bereits berücksichtigt. (...) erfordern bei der Entscheidung für einen der beiden Alternativstandorte jedoch ggf. Anpassungen der Wohnraumplanungen im näheren Standortumfeld.

> „Im Hinblick auf Klimaschutz und die damit verbundenen umweltrelevanten Erfordernisse einer Nahmobilität (Fuß- und Raderreichbarkeit) (…) dient ein zentraler Standort auch der Versorgungssicherheit aller Bevölkerungsgruppen/ -schichten und steht auch dann zur Verfügung, sollte die ÖPNV-Erreichbarkeit anderer Standorte außerhalb des Stadtteils einmal nicht gegeben sein.“
(…)
„Die Ausweisung von möglichst fußläufigen und stadtteilintegrierten Nahversorgungsstandorten wirkt sich positiv auf das Mobilitätsverhalten und die Vermeidung von Fahrten mit dem motorisierten Individualverkehr aus.“
Die CDU-West wirft nun ihrer eigenen Partei und der Verwaltung in ihrem Rücktrittsschreiben vor
„sich den Realitäten, neuen Fakten (wie anderen Eigentumsverhältnissen) und geänderten Bedürfnissen“
zu verweigern.

Man hat aber bei der Lektüre der Rücktrittserklärung nicht den Eindruck, dass die vorliegenden Unterlagen wirklich zur Kenntnis genommen wurden. Vielmehr fällt auf, dass das eigene, aktuell praktizierte Mobilitätsverhalten zum Maßstab erhoben wird:
„Stichwort: Verkehrskonzept. Am Ende des Ausbaus des Gebietes werden tausende Menschen mehr dort leben – natürlich mit ihren Autos (es ist schlicht realitätsfremd anzunehmen, dass sie alle nur noch mit elektrischen Fahrrädern den Anschluss an die Innenstadt und die sonstige Umgebung suchen).“
Wenn man diese These vertritt, und sie ist ja auch nicht weltfremd, so sollte man aber auch alle sich daraus ergebenden Folgen beleuchten. Es gibt beispielsweise eine Studie zur Belastbarkeit des Kreisverkehrs Zur Grube Carl / Dürener Straße. Diese Studie besagt recht deutlich, dass der Kreisverkehr irgendwann an seine Belastungsgrenze kommen wird. Gleichzeitig wäre zu beachten, wie es sich auf den Verkehr im Stadtteil auswirkt, wenn sich kein Nahversorger etabliert, weil Alternativstandorte unattraktiv sind, oder, wenn sich ein Nahversorger an einer anderen Stelle im Stadtteil ansiedelt. Welche Verkehre entstehen dann und welche Gefährdungen für Kindergartenkinder, Schüler*innen und andere nicht Motorisierten ergeben sich hieraus?

Was in dieser ganzen Debatte fehlt, ist die weiterhin mehr als berechtigte Kritik an einem veralteten Verkehrskonzept. Veraltet, weil es die Folgen der Klimakatastrophe auf unser aller Mobilitätsverhalten an keiner Stelle reflektiert. Auch in diesem Gutachten wird sehr prominent von der „KFZ-Erreichbarkeit“ der verschiedenen Standorte gesprochen und es wird mit zu erwartenden „Zusatz-/ Umwegfahrten“ argumentiert. Mit anderen Worten, auch das Gutachten denkt automobil.

Aber selbst automobil denkend, kommt das Gutachten in Bezug auf das aktuelle Einkaufsverhalten der Bewohner*innen der Grube Carl zu einem ernüchternden Ergebnis. Alle Alternativstandorte liegen ungünstiger als der bisher geplante Standort, da man diese Standorte, mit dem Auto zur Arbeit pendelnd, deutlich schlechter erreicht:
„Ein zu hoher Anteil an Umwegfahrten führt nachweislich dazu, dass bestehende „Einkaufsstrukturen“ nicht verändert werden und die gewohnten anderen Standorte weiterhin angefahren werden. Dies wäre voraussichtlich der Auto-Standort Dürener Straße mit dem dortigen Fachmarktzentrum, welches bereits aktuell für einerseits hohe Verkehrsbelastungen auf der Dürener Straße sorgt und zu mit seinen Ein- und Ausfahrten zu Schulwegunsicherheiten (gefährliche Situationen) beiträgt. Diese Situation würde sich dann zukünftig verschärfen.“
(Dazu aktuell: Petition für einen sicheren Schulweg der Lindenschule. Hier wird die katastrophale Situation thematisiert, die sich aus dichtem Verkehr und Elterntaxidienste auf der Dürener Straße schon heute ergibt.)

Insofern: wenn alle Neubürger*innen sich so verhalten, wie der zurückgetretene Vorstand der CDU-West erwartet, dann ist ein Standort eines Nahversorgers an der Haupteinfallstraße das Beste, was dem Stadtteil passieren kann.

Vor diesem Hintergrund wäre wohl deutlich zielführender, die dem Stadtteil verpflichteten Politiker*innen würden sich endlich ebenso massiv um die Verlängerung der Linie 7 kümmern, wie sie sich um die potentielle Verschlechterung der Nahversorgungssituation im Stadtteil gekümmert haben.

Je dichter der Stadtteil bebaut werden wird, desto wichtiger sind Alternativen zum Auto und kurze Wege zu einem Nahversorger. Jede Autofahrt die nicht stattfindet, ist eine gewonnene Autofahrt.




Freitag, 22. September 2023
Am 24. April 2012 fasste der Frechener Stadtrat diesen Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Basis des mit dieser Vorlage vorgestellten und abgestimmten Entwurfskonzeptes die Standortentwicklung der Lindenschule einschl. der beschriebenen Interimslösung (auch für die Burgschule) umzusetzen.
Was war damit gemeint?

Eigentlich ganz einfach: die alte Lindenschule sollte abgerissen werden und die Schule für diesen Zeitraum in die leer stehenden Räumlichkeiten der Anne-Frank-Schule einziehen. In der Zwischenzeit sollte die neue Lindenschule errichtet werden und wenn dann dieses Werk vollbracht war, dann sollte die Lindenschule die Räumlichkeiten der Anne-Frank-Schule räumen, ihre neue Schule beziehen und dann, so entschied der Stadtrat 2012 sollte im gleichen Wege die Sanierung der Burgschule von statten gehen.

Nun hat niemand 2012 damit gerechnet, dass die Errichtung einer Grundschule in Frechen 10 Jahre dauert. Ursprünglich, so die Angaben der Verwaltung, sollte die neue Lindenschule 2017/2018 bezugsfertig sein. Aber wir sind in Frechen und was sind schon vier bis fünf Jahre Verzug …

Also wurde es 2022 und es scheint so, als hätte nicht nur die Verwaltung den Beschluss von 2012 vergessen, sondern auch die politischen Parteien im Stadtrat.

Denn eigentlich müsste man doch annehmen, dass die Vorbereitungen eines Umzugs der Burgschule in die neuen Räumlichkeiten in vollem Gange sind, zumindest ein vailder Zeitplan vorliegt.
Doch nichts dergleichen ist in den letzten 14 Monaten geschehen. Vielmehr wurde ein neuer Schulentwicklungsplan vorgelegt, der viele Kritikpunkte, die in den letzten 15 Jahren geäußert wurden, bestätigt. Frechen hat für eine wachsende Stadt eine zu schwache schulische Infrastruktur, Teile der Infrastruktur sind marode. Neben der Burgschule bspw. auch die Realschule. Und auch die alte Forderung, endlich eine Gesamtschule zu errichten feiert ihre Wiederauferstehung.

So weit, so schlecht. Es ist und bleibt aber ein Skandal, dass im Rahmen der Priorisierung der notwendigen Maßnahmen die Schule die die meisten Kinder aus sozial schwachen Familien, oft genug mit Migrationshintergrund, versorgt, auf dem letzten Platz der Prioritätenliste vergammelt.

Die alten Mechanismen der sozialen Exklusion funktionieren halt mal wieder bestens. Die Schulen, die von den Kindern des Frechener Bürgertums bevorzugt besucht werden, werden auch bevorzugt bei Sanierung und Erweiterung behandelt. Die Ringschule ist wichtiger als die Burgschule und das Gymnasium ist wichtiger als die Realschule.

Dass die Debatte nun noch politisch verschärft wird durch den Abwehrkampf der Realschule gegen eine möglicherweise entstehende Gesamtschule ist sehr unschön, denn die Entwicklung in Köln ist sehr eindeutig. Gibt es gut geführte Gesamtschulen, dann ist der Niedergang von Hauptschulen und Realschulen nur noch eine Frage der Zeit.
Wer, wie die hiesigen Parteien (CDU, SPD, FDP und Perspektive) an den Schulformen Hauptschule und Realschule festhalten will, der sollte sich ernsthaft überlegen, ob Frechen eine Gesamtschule erhalten darf. Aber diese Debatte ist ein anders Mal zu führen.

Hier gilt festzuhalten, dass selbst die SPD, die ja vor Urzeiten als Vertreterin der Unterdrückten dieser Welt zu Ruhm und Ehren gekommen ist, inzwischen die Menschen dieses Stadtteils wohl komplett vergessen hat. Seitdem die Lindenschule umgezogen ist, hat, so eine grobe Recherche im Intranet des Rates, keine einzige Fraktion den Beschluss von 2012 aufgegriffen und gefragt, wann denn die Sanierung der Burgschule endlich begonnen werde.

Eigentlich muss man fast hoffen, dass die Aufsichtsbehörden die Schule zwangsweise schließen, denn die Politik bestehend aus Verwaltung und unseren Parteien hat Partei ergriffen.

Gegen die Kinder der Burgschule!